Fast jede Kamera und auch viele Smartphones bieten die Möglichkeit neben der Ausgabe der Fotos als JPEG-Datei auch die Fotos als RAW-Datei abzuspeichern. Bei höherwertigen Modellen können hier in der Regel noch Abstufungen hinsichtlich Qualität oder Dateigröße vorgenommen werden.
Die wenigsten Amateurfotografen nutzen diese Möglichkeit, denn sie scheint mit viel Aufwand verbunden. Doch ist das wirklich so?
Seit etwa 3 Jahren fotografiere ich mit meiner Spiegelreflexkamera ausschließlich in RAW. Ich habe die Möglichkeiten, die RAW mit bietet früher wirklich unterschätzt und kann nur jeden ermutigen, sich mit diesem Thema näher zu beschäftigen.
Wie unterscheiden sich JPEG und RAW Dateien
Das JPEG-Format ist wohl den meisten Fotografen bekannt, deshalb gehe ich hier nicht näher darauf ein. Sie lassen sich bequem mit allen Fotoeditoren bearbeiten, enthalten in der Regel schon viele Metainformationen zu
- Kamera
- Objektiv
- Belichtungs- und Verschlusszeit
- ggf. Ort
- Datum
- Verwendete Lichtempfindlichkeit (ISO)
- Blitz
Die Informationen zu Schärfeparametern, Sättigung, Weißabgleich, Kontrast sind dabei über den JPEG-Konverter in der Kamera in das Foto einberechnet und lassen sich nachträglich nicht mehr unabhängig von den anderen Bildinformationen bearbeiten. Der Dynamikumfang eines JPEG, also die Abstufungen der Helligkeit, beträgt 8bit.
Das RAW-Format ist eher mit einem Negativ vergleichbar – vielleicht könnte man es als digitales Negativ bezeichnen. Es unterscheidet sich von Hersteller zu Hersteller. Lediglich die Blende, Verschlusszeit und Lichtempfindlichkeit können bei einem RAW nicht mehr verändert werden – zumindest nicht bei klassischen Kameras.
Bei Lichtfeldkameras, wie von Lytro, ist auch der Fokus nachträglich noch veränderbar. Lassen wir diesen Spezialfall mal außen vor, ist das immer noch ein stattlicher Umfang an bearbeitbaren Faktoren.
Der Dynamikumfang der meisten RAW-Formate beträgt 12bit oder sogar 14bit. Allein dadurch ergeben sich viel größere Möglichkeiten auch in Situationen mit sehr hohen Kontrasten noch viele Bildinformationen darzustellen, ohne ein HDR oder DRI anfertigen zu müssen.
Wie auch ein Negativ muss ein RAW erst „entwickelt“ werden. Man verwendet dazu RAW-Konverter, die das jeweilige Format der Kamera unterstützen – es gibt auch Software, die fast alle Kameras unterstützt – wie Lightroom von Adobe oder CaptureOne. Im RAW-Konverter nimmt man die gewünschten Anpassungen am Foto vor – wie Weißabgleich, Kontrastkure, Sättigung ect. und erstellt anschließend das Foto im gewünschten Format, beispielsweise JPEG.
Beide Formate haben ihre Berechtigung und ihre Vor- und Nachteile. RAW-Dateien sind wesentlich größer als JPEGs. Ein JPEG kann je nach Auflösung wenige MB groß sein, ein vergleichbares RAW kann auch mal bis zu 30 oder 40 MB groß sein – wie bei Nikons 36 Megapixel D800. Die Festplatte wird schnell voll, die Speicherkarten sowieso. Besonders bei Serienbildern kommen viele Kameras aufgrund der kleinen Puffer schnell aus der Puste, wenn viele RAWs hintereinander auf die Speicherkarte geschrieben werden müssen.
Auch hinsichtlich der Archivierung sollte man sich Gedanken machen, ob das verwendete RAW-Format auch in Zukunft noch unterstützt wird. Bei großen Herstellern wie Canon oder Nikon ist das zu erwarten, bei exotischeren Produkten kann das jedoch problematisch werden. Für die Archivierung verwende ich momentan beides – JPEG und RAW. Ich speichere alle Fotos in RAW, die Fotos, die jedoch „wirklich“ aufgehoben werden sollen, sind zusätzlich aus fertig bearbeitetes JPEG archiviert.
Vorteil RAW?
Ich sage definitiv ja! Bestes Beispiel: Man fotografiert auf einer Party mit diversen Kunstlichtquellen, generell ist es relativ dunkel, deshalb fotografiert man mit offener Blende. Das Ergebnis: Der automatische Weißabgleich der Kamera gibt sein bestes aber dennoch sind nicht alle Fotos in der gewünschten Qualität. Zudem sollte bei vielen Fotos die Belichtung angepasst werden. Durch die weit geöffnete Blende haben viele Fotos eine leichte Vignettierung.
Die Lösung ist beim RAW-Format sehr einfach. Im RAW-Konverter liegen von den gängigsten Objektiven Profile vor, mit denen sich die Vignettierung und Verzerrungen automatisch korrigieren lassen. Anschließend passt man die Belichtung an, hebt ggf. Tiefen an und dimmt die Lichtquellen etwas. Dann noch den Weißabgleich korrigieren und als JPEG exportieren. Natürlich braucht man dafür ein paar Minuten mehr aber das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Hätte man nur auf JPEG fotografiert, säße man jetzt am Photoshop und würde mit allen möglichen Tools und kniffen versuchen, die Korrekturen vorzunehmen. Programme wie Lightroom erleichtern einem das deutlich, wenn bei vielen Fotos gleiche Korrekturen vorzunehmen sind, kann dies auch automatisch geschehen.
Weitere Informationen zu diesem Thema
Das Thema ist in Fotografenkreisen viel diskutiert, es gibt auch einige prominente Verfechter des JPEG-Formats, wie Ken Rockwell. Wenn man sich jedoch seine Tipps zur Nachbearbeitung von Fotos ansieht, wäre er vielleicht mit dem RAW-Format besser bedient. Es gibt ein paar sehenswerte Video-Diskussionen zu diesem Thema von Jared Polin bei YouTube, der einer der großen Fürsprecher des RAW-Formats in der Online-Fotogemeinde ist:
Ein empfehlenswerter Artikel zu diesem Thema kann bei Nasim Mansurov auf dessen Website http://www.photographylife.com/ angesehen werden: http://photographylife.com/raw-vs-jpeg
Mein Rat: Ausprobieren und dabei bleiben
Mit der Überschrift dieses Kapitels ist alles gesagt. Einfach mal ausprobieren. RAW-Konverter gibt es teilweise kostenfrei, teilweise gibt es 30-Tage Testversionen. Ich verwende Lightroom.