Wer Nachtaufnahmen mit klassischem Farbfilm machen will und das spezielle Etwas sucht, dem empfehle ich sehr den Cinestill 800T mal auszuprobieren. Dieser Film zaubert den Look von Cyberpunk 2077 auf jedes Foto. Ich habe eine Serie Streetphotography Nachtaufnahmen in Berlin Mitte fotografiert. Ein Film, eine Stunde, eine Nacht im Winter 2024.
MITTE – ein Nachtspaziergang durch Berlin
Ab und zu muss es einfach Film sein. Einfacher als mit meiner Nikon F401x geht es kaum. Meine gute alte treue Begleiterin schließt zwar nicht mehr richtig aber Klebeband und ein Gummiband halten den Rückseitendeckel lichtdicht verschlossen. Die Kamera kann lediglich Blende und Belichtungszeit wählen. Als Objektiv kam ein klassisches Carl Zeiss Planar 1.4/50 ZF.2 zum Einsatz – manuell Fokus natürlich. Voller Fokus auf Fotografie.
Welchen Film nimmt man mit für eine Fotoreise durch die Nacht? Zur Auswahl standen der Kodakt Portra 800 oder etwas richtig Kreatives: Cinestill 800T. Das ist ein Film, der ursprünglich für die Verwendung in der Filmindustrie entwickelt wurde, speziell für den Einsatz in Kinematografie bei Tageslicht. Durch die Entfernung der Schutzschicht für den automatischen Filmtransport behält der Film jedoch seine einzigartige Tungsten-Balance bei, die ihm seine charakteristische warme Farbgebung verleiht. Diese Eigenschaften machen ihn zu einer perfekten Wahl für nächtliche Aufnahmen, da er das Licht von Neonlichtern und anderen Kunstlichtquellen besonders gut einfängt und ihnen eine unverwechselbare Lebendigkeit verleiht. Besonders rotes Neonlicht bekommt starke Farbsäume.
Mit seiner hohen Empfindlichkeit von ISO 800 ist Cinestill 800T perfekt für Aufnahmen bei schwachem Licht geeignet. Als ich den Auslöser betätigte, fühlte es sich an, als würde ich die Energie der Stadt selbst einfangen. Die Neonlichter, die die Straßen von Berlin Mitte erleuchten, schienen auf dem Film zum Leben zu erwachen, und ich war fasziniert von der Intensität der Farben und der Tiefe der Schatten, die Cinestill 800T einfing.
Fotografieren mit dem Cinestill 800T
Fotografieren mit solchem Equipment hat einen sehr großen Vorteil. Man konzentriert sich aufs Fotografieren. Man fängt Emotionen ein. Man taucht ein in die Nacht. Während ich durch die Straßen schlenderte, fühlte ich mich wie ein moderner Nomade, auf der Suche nach den verborgenen Schätzen einer urbanen Welt, die nur nachts zum Leben erwacht. Jede Ecke, jede dunkle Gasse schien eine Geschichte zu erzählen – von vergessenen Träumen, verlorenen Seelen und der unerschütterlichen Kraft des menschlichen Geistes.
Die Bilder, die ich einfing, hatten eine unverkennbare Cyberpunk-Ästhetik – ein Zusammenspiel von Licht und Schatten, von Mensch und Maschine. Es war, als ob ich in die Zukunft geblickt hätte, in eine Welt, in der die Grenzen zwischen Realität und Virtualität verschwimmen und die Möglichkeiten der Technologie grenzenlos sind.
Von den majestätischen Neonreklamen des Alexanderplatzes bis hin zu den schummrigen Hinterhöfen von Hackescher Markt – jede Ecke von Berlin Mitte schien ein neues Kapitel in meinem visuellen Abenteuer zu sein. Mit jedem Schritt fand ich mich tiefer in die dystopische Landschaft des Cyberpunk hineingezogen, und doch fühlte es sich gleichzeitig vertraut und aufregend an.
Als ich schließlich den Auslöser zum letzten Mal betätigte und meine Kamera zur Ruhe brachte, fühlte ich eine tiefe Dankbarkeit für diese Erfahrung. Ein Spaziergang durch die Nacht. Einfach auslösen und fertig. Eine Rolle Film in 1 Stunde ohne Stativ, einfach dem Impuls folgen.
Entwickeln und Scannen – lieber mehr Geld ausgeben
Ich habe den Film zur Entwicklung bei DM abgegeben – hätte ich besser nicht tun sollen. Zuerst einmal hat es ungefähr 4 Wochen (!) gedauert, bis die Abzüge und vor allem die Negative wieder in der Filliale waren. Ich bin an den Abzügen eigentlich nicht interessiert, mir sind vor allem die Negative wichtig. Ein Blick auf die Abzüge hat mir Schauern über den Rücken laufen lassen. Die Abzüge sahen katastrophal aus. Kein Kontrast, keine Schärfe, ein rauschender Brei.
Wer also Wert auf gute Abzüge geht, sollte den Film entweder bei einem guten Labor einschicken oder sich an die lokalen Fotoläden wenden – hier in Nürnberg bieten ein paar guten Service inklusive Scan an – das werde ich beim nächsten Mal auch machen.
Ich habe die Aufnahmen dann mit meinem Nikon ES-2 Negativ-Adapter und meinem Nikon AF Micro-Nikkor 60mm f/2.8 an der Nikon D780 gescannt. Wie das funktioniert, habe ich in diesem Artikel hier beschrieben.
Die Negative haben alles eingehalten, was ich mir versprochen habe. Ich musste die Aufnahmen nur zuschneiden, bei einigen habe ich in Lightroom den Kontrast etwas erhöht. Aber im Grunde sind die Aufnahmen out-of-camera. Also Hut ab, absolut empfehlenswert.
Hier einige Aufnahmen meiner Fotoserie „MITTE – ein Nachtspaziergang durch Berlin“
Fazit: Wer diesen Look sucht, findet mit dem Cinestill 800T einen großartigen Film
Der Cinestill 800T hat einen sehr speziellen Look für Aufnahmen mit dunklem Licht. Wer den bei Tageslicht einsetzen möchte, sollte mit Filtern arbeiten. Wer einfach eine Rolle Film für Streetphotography oder Architektur sucht, die mit seiner hohen Lichtempfindlichkeit für Nachtaufnahmen geeignet ist, wird mit dem Film viel Freude haben.
Ich hatte noch nicht über den Preis gesprochen. Film ist 2024 ziemlich teuer. Die Rolle Cinestill 800T mit 36 Aufnahmen im Kleinbildformat hat mich ca. 18€ gekostet – also 50 Cent pro Aufnahme – ohne Entwicklung. Ein teures Vergnügen für eine kleine Zielgruppe. Ich hatte sehr viel Spaß und werde noch einige weitere Fotoserien damit machen – 2 Rollen warten schon im Kühlschrank.