Im Spätherbst 2024 habe ich die Arbeit an einer Bilderserie begonnen, deren Titel ich schon lange im Kopf hatte: Nachtoasen. In Anlehnung an Jules Vernes 80 tägige Reise um die Welt, reise ich an 80 Orten durch die Nacht in Nürnberg.
Eine Stadt bei Nacht ist immer eine andere Welt. Die Nacht verstärkt, die Nacht filtert, die Nacht lebt. Durch die Dunkelheit gibt es weniger Ablenkung, die Lichter ziehen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Das Fotografieren in der Nacht hält Aufnahmen fest, die sonst vielleicht unbemerkt geblieben wären. In den Bildern sind Menschen flüchtige Erscheinungen. Sie sind Silhouetten, die zwischen den Lichtern auftauche und wieder verschwinden. Menschen, die im Regen hastig die Straße auf dem Heimweg überqueren oder noch ein schnelles Abendessen holen.
Cinestill 800T – der perfekte Film für eine Reise durch die Nacht in Nürnberg
Vielleicht werden es am Ende nur 50 Orte, vielleicht auch 100, die auf Film festhalten werde. Mit meiner alten Nikon F401x und Cinestill 800T, mit dem ich schon ein Jahr zu vor durch Berlin Mitte gezogen bin, fange ich die nächtlichen Momente in Nürnberg ein. Dieses Filmmaterial ist wie gemacht für die Nachtfotografie – mit seinen bläulich-kühlen Tönen und dem Glühlen von Lichtquellen, insbesondere Rottönen – balanciert perfekt diese Stimmung zwischen Traum und Realität.
Pizzastände, Döner-Restaurants und Imbissbuden
Sie sind die Herzstücke der Nachtkultur. Wer abends oder nachts hungrig durch Nürnberg streift, landet früher oder später in einem Döner-Restaurant, einer Imbissbude oder einem Pizzastand. Sie sind mehr als nur Treffpunkte für Nachtschwärmer, sie sind Begegnungsorte an denen sich alle gesellschaftlichen Schichten auf einen Snack treffen. Sie sind Orte mit leuchtenden Schildern, warmen Farben im Kontrast zur kühlen Nacht.
Tankstellen – Lichter der Rast
Tankstellen sind mehr als nur Orte, an denen Autos Benzin oder auch Strom bekommen. Nachts verwandeln sie sich in kleine Inseln der Helligkeit. Ihre kalten Neonlichter ziehen nicht nur Fahrer an, sondern auch Passanten, die eine schnelle Mahlzeit oder einen Kaffee suchen.
Häuser, Straßen und Kreuzungen
In der Dunkelheit verwandeln sich die Häuserfassaden in massive Silhouetten, unterbrochen von den warmen Lichtern einzelner Fenster, hinter denen das Leben weitergeht. Straßen, oft verlassen und still, wirken wie Bühnen, deren Hauptdarsteller fehlen. Die Kreuzungen der Stadt, wo sich Wege und Schicksale kreuzen, werden zu Schmelztiegeln des urbanen Lebens. Hier treffen das grelle Licht einer Ampel, das rote Glühen einer Bremsleuchte und das kühle Flackern eines Neonreklameschildes aufeinander, vermischen sich zu einer Palette aus Farben, die den Asphalt unter ihnen lebendig erscheinen lässt. Auch ohne Menschen scheinen diese Orte Geschichten zu erzählen – von alltäglichen Begegnungen, verpassten Chancen und heimlichen Momenten.
Ein paar Tipps zum Fotografieren bei Nacht mit dem Cinestill 800T
Der Cinestill 800T – T steht für Tungsten – ist ein Film mit Lichtempfindlichkeit 800, der für die Low-Light-Fotografie konzipiert wurde und einen cineastischen Filmlook. Sein Weißabgleich ist auf Kunstlicht abgestimmt (3200K), so dass bei normalem Tageslicht ein 85B-Filter verwendet werden sollte. Bei Nacht liefert er teils neutrale, teils eher bläulich grünliche Farben. Insbesondere Rottöne knallen richtig raus. Lichtquellen erhalten einen starken Farbsaum.
Ich nutze diesen Film in meiner Nikon F401x. Das ist eine analoge Spiegelreflexkamera mit Autofokus und Belichtungsmessung mit AF und AF-S Objektiven. Das macht es mir etwas einfacher, ich kann die Belichtung direkt in der Kamera messen und ggf. sogar Autofokus-Objektive verwenden.
Nachtfotografie mit Film wäre das letzte gewesen, was mir eingefallen ist, aber als ich Aufnahmen dieses Filmmaterials gesehen habe, war klar, dass ich daraus gern ein Projekt machen möchte.
Der Cinestill 800T ist nicht ganz billig, eine Rolle im Kleinbildformat kostet schnell mal 20€, teilweise sogar mehr. Kalkuliert man die Entwicklung mit ein, kostet ein Foto schnell mal 80ct bis 1€. Man sollte sich also gut überlegen, bevor man einfach drauf losknipst. Deshalb hier ein paar Sachen, die ich bei den ersten Rollen Cinestill 800T gelernt habe.
- In Berlin habe ich freihand fotografiert mit einem Carl Zeiss Planar 1.4/50. Dabei musste ich fast immer bei Offenblende fotografieren und die ist nicht unbedingt die Stärke des Planar. Ein bis zwei Stufen Abblenden hätte der Schärfe wirklich gut getan. Hier wäre ein Stativ besser gewesen. In Nürnberg habe ich alle Aufnahmen vom Stativ gemacht mit besserem Ergebnis.
- Der Film verträgt Überbelichtung deutlich besser als Unterbelichtung. Wer also bislang überwiegend digital fotografiert hat, muss umgekeht denken: Auf die Schatten belichten und im Zweifel die Lichter überbelichten.
- Wie immer beim Fotografieren bei Nacht und schlechtem Wetter gilt: Wetterfeste Kleidung, ggf. mit ein paar Reflektoren, damit man auch im Dunkeln von Autofahrern gesehen wird. Eine Taschenlampe oder das Licht des Handys helfen die Kamera richtig einzustellen – zumindest meine Analogkamera ist nicht beleuchtet.
- Der Film ist teuer – man sollte aber deshalb nicht an der Entwicklung sparen. Die erste Rolle hab ich bei der Drogerie entwickeln lassen, alle weiteren bei einem lokalen Fachgeschäft. Der Aufpreis war nur gering, dafür konnte ich meinen Film am gleichen Tag wieder abholen. Unterstützt die lokalen Fotohändler, sonst gibt es sie bald nicht mehr!