Im Nordosten Georgiens hoch oben in den Bergen des Großen Kaukasus liegt die Provinz Tusheti, im Deutschen Tuschetien genannt. Der Kaukasus-Hauptkamm bildet hier die natürliche Grenze zu den russischen Teilrepubliken Tschetschenien und Dagestan. Tusheti ist eine der abgelegensten Regionen des Landes und ist nur über eine nicht befestigte Bergstraße – gern auch als Tusheti Highway bezeichnet – erreichbar. Ich werde auf diese Straße im Laufe dieses Artikels noch näher eingehen.
Vor einigen Jahren habe ich Alexandre Dumas „Gefährliche Reise durch den wilden Kaukasus“ gelesen. Sein Buch aus dem 19. Jahrhundert beschreibt eine abenteuerliche Reise durchs Hochgebirge. Wer nach Tusheti fährt, kann noch einiges von dem spüren und erleben, was Dumas in seinem Buch beschreibt.
Tusheti ist eine rauhe Hochgebirgsregion mit typischem kontinentalen Gebirgsklima. Die Winter sind lang und schneereich, die Sommer sind regenreich und insbesondere die Sommernächte können ausgesprochen kalt sein. Also unbedingt warme Jacke und Pullover einpacken oder vor Ort was aus lokaler Schafswolle kaufen, das hält warm. Die meisten Bewohner verbringen die Sommermonate zwischen Juni und Ende September in dieser Region, nur wenige bleiben über den langen Winter.
Die Landschaft von Tusheti ist geprägt vom Hochgebirge und zahlreichen Hochtälern, in denen sich die Dörfer und Ortschaften befinden. In der Regel gibt es ein Winter- und ein höher gelegenes Sommerdorf. Die Haupt-Ortschaft bildet Omalo, in diesem Ort endet auch die Straße zu der man mit dem Fahrzeug nach Tusheti von Kacheti aus gelangen kann. Verwaltungstechnisch gehört Tusheti zur Kacheti, sein Verwaltungszentrum liegt in der kachetischen Stadt Achmeta, wo auch viele der Tuschen die Winterzeit verbringen.
Die Menschen in Tusheti leben von der nomadischen Viehzucht sowie immer stärker vom Tourismus. Das Vieh wird im Frühjahr aus Kachetien über die Bergstraße ins Hochgebirge geführt und verbringt auf den saftigen fetten Weiden die Sommermonate. Für Touristen ist diese ursprüngliche Landschaft eines der außergewöhnlichsten Ziele in Georgien. Die Dörfer bestehend aus trockengemauerten Schieferhäusern sind noch wie im Mittelalter erhalten. In vielen Dörfern exisitieren noch Wehrtürme aus dem 12. oder 13. Jahrhundert. Sie dienten dazu den Feind rechtzeitig zu erkennen und im Falle von Angriffen Schutz zu bieten. Mithilfe internationaler Spenden werden diese Wehrtürme oder auch die teilweise sehr abgelegenen Wehrdörfer erhalten und können besichtigt werden.
Die Dörfer versorgen sich inzwischen mittels Solarzellen mit Strom, auch der Mobilfunkempfang ist häufig gut ausgebaut. Läden gibt es kaum und fast alles muss vom Tal hinauftransportiert werden. Dementsprechend kosten Übernachtungen und Mahlzeiten mehr als im Rest Georgiens. Die berühmten Khinkali kommen übrigens aus Tusheti, des weiteren sind vor allem Milchprodukte wie der Gudis Kveli – ein in Schafshaut gereifter Käse – typisch für die Region.
Seit dem Jahr 2003 ist die Landschaft Tushetis geschützt und das Gebiet zum Nationalpark sowie seit 2022 unter dem Namen „Three Alazani Rivers“ zum UNESCO Biosphärenreservat erklärt worden. Ziel ist es auch damit die nomadische Viehzucht und die einheimischen Tierarten – auch die domestizierten wie einheimische Ziegen-, Schafs- und Pferderassen – zu erhalten.
Die Anreise nach Tuschetien über die Straße nach Omalo
Vorweg, es gibt auch noch weitere Möglichkeiten nach Tusheti zu gelangen – jedoch nicht mit einem Fahrzeug. Der Hubschrauber dürfte für die meisten ausscheiden. Neben sehr ausgefallenen Ideen wie den Hochgebirgspässen von Tschetschenien auf über 3.000m Höhe ist eine bekanntere Variante der Hochgebirgsweg von der westlich von Tusheti gelegenen Provinz Chewsuretien beginnend in Shatili nach Omalo. Das ist eine empfehlenswerte Wanderung, die man auch organisiert mit Guide, Packpferden und Zelten durchführen kann. Das steht auf meiner persönlichen Liste für einen der nächsten Sommer in Georgien.
Die meisten Touristen jedoch – wir auch – gelangen nach Tusheti über die einzige Straße. Sie führt von Pshaveli nach Omalo und ist in der Regel zwischen Juni und September befahrbar. Das Straßenbauamt prüft die Strecke nach dem Winter, räumt sie im Frühjahr und gibt sie dann für den Verkehr frei. In den Wintermonaten ist die Piste aufgrund der hohen Schneemengen und der regelmäßigen Felsrutschungen gesperrt.
In Sendungen wie „Die gefährlichsten Straßen der Welt“ taucht diese Route immer wieder auf. Und auch viele YouTube-Videos machen mehr aus der Sache, als tatsächlich ist. Fakt ist, die Straße nach Omalo ist eine herausfordernde Bergpiste für Fahrer mit Offroad-Erfahrung und Respekt vor dem Weg. Wer noch nie im Gelände gefahren ist, sollte vorher woanders üben – die Straße verzeiht bei schlechtem Wetter kaum Fehler. Auf einer Länge von über 70km schlängelt sie sich immer entlang der Berghänge bis hinauf zum Abano-Pass. Der liegt auf fast 3.000m Höhe. Da die Wolken oft darunter hängen, kann es auch sein, dass die Sichtweite plötzlich auf wenige Meter schrumpft. Es ist deshalb sehr ratsam tagsüber zu fahren und das Wetter im Blick zu haben. Es geht nicht um Geschwindigkeit.
Man startet im warmen Kachetien und biegt in Pshaveli auf die Straße ein. Omalo ist ausgeschildert. Kurz hinter der kleinen Ortschaft Lechuri endet der Asphalt und es geht auf feinem Schotter weiter, der sehr bald durch groben Schotter und grobe Steine abgelöst wird, unterbrochen von sehr großen und tiefen Pfützen. 2024 fanden hier Bauarbeiten statt, es sah aus, als wolle man die Straße wenigstens ein paar Kilometer besser ausbauen.
Danach geht es durch felsige und stark bewaldete Täler die Schotterpiste hoch bis zur letzten Brücke bei etwa km 20. Danach müssen alle weiteren Bäche durchquert werden. Die Furten sind dabei im Sommer relativ gut befahrbar, bei Starkregen kann das aber ganz schnell anders aussehen. Leitplanken gibt es keine, oft hat die Straße die Breite für ein Fahrzeug. Man muss also vor starken Kurven hupen um ggf. auf ein entgegenkommendes Fahrzeug warten zu können. In einigen Fällen muss man auch mal rückwärtsfahren, damit beide Autos aneinander vorbei passen.
Nach etwa 2 bis 3 Stunden Fahrt erreicht man die Passhöhe des Abano-Pass. Man wird merken, dass es dort mindestens 10°C kälter als im Tal ist und ein kühler Wind weht. Dort gibt es seit kurzem auch die Möglichkeit einen Kaffee zu trinken und der ist richtig gut.
Von dort an geht es dann wieder viele teils sehr steile Serpentinen bergab in Richtung der Hochebene von Omalo. Wir haben mit einem geländegängigen Fahrzeug sowie zwei Pausen insgesamt ca. 5 Stunden für diesen Weg gebraucht. Häufig muss man auch warten, wenn ein Felsrutsch die Straße versperrt, bis eine Planierraupe den Weg wieder frei räumt. Wir mussten bspw. auf der Passhöhe deshalb etwa eine halbe Stunde warten.
Tipps für die Reise und Fahrzeug für Tuschetien
Die weiteren Straßen in die Dörfer Tushetis werden bei der Weiterfahrt von Omalo nicht nicht unbedingt besser. Bei Regen kommt häufig noch tiefer Schlamm dazu, die Furten werden teilweise auch tiefer. Deshalb ist für die Fahrt ein Fahrzeug mit ausreichend Bodenfreiheit, funktionierenden Bremsen und idealerweise Allradantrieb absolut empfehlenswert.
Alternativ kann die Strecke auch mit einem geländegängigen Motorrad absolviert werden. Wichtig: In Omalo und den weiteren Dörfern gibt es keine Tankstellen! Also ausreichend Sprit im Tank für Hin- und Rückweg einplanen.
Wer sich das selbst nicht zutraut, kann auch mit einem der Marschrutkas fahren, die meistens von Telawi nach Omalo starten.
Mein persönliches Fazit
Eine Fahrt nach Tuschetien kein klassischer Touristentrip. Man muss der Natur und den Gefahren dieses Weges mit Respekt begegnen. Man nimmt mindestens 10 Stunden Hin und Rückreise inkauf für eine einzigartige Natur.
Man fährt in einen Nationalpark und in ein Biosphärenreservat. Der Schutz dieser einmaligen Natur sollte oberste Prämisse bei einer Reise in diese Region sein.
Der Weg kann einen auch mal an oder über seine Grenzen bringen – aber das hilft. Es verschiebt diese Grenzen etwas. Ein Besuch in Tusheti erdet, er zeigt, mit wie wenig man auskommen kann und in welcher Umgebung Menschen seit Jahrtausenden leben und stolz ihre Heimat verteidigen.
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