Um diesen Artikel schreiben zu können, habe ich 20 Jahre Erfahrung mit Digitalfotografie sammeln müssen. Und in den letzten 20 Jahren habe ich eins gelernt: Der Fotograf macht das Bild, nicht das teure Equipment. Aber wer Erfahrung hat, dem helfen teure Kameras und Objektive am Ende doch die besseren Fotos zu machen.
Damit fing alles an
Viele Jahre habe ich auf Festbrennweiten für jede fotografische Situation geschworen. Und am Ende bin ich vor allem für die Veranstaltungsfotografie aber auch für einige Fotoshootings doch beim teuren Standardzoom gelandet. Also alles nur ein Irrtum?
Als ich mir 2007 als Student die erste DSLR kaufte – eine Nikon D50 mit einem APSC großen CCD-Sensor, die ich mit einem Sigma 17-70mm f/2.8-4.0 kombinierte, war das schon eine ganz schön teure Investition. Relativ schnell habe ich mir ein Nikon 50mm f/1.8 D dazu gekauft und kurz danach ein Nikon SB-700 Blitzgerät. Fertig war das Equipment für Fotoshootings. Ich habe in den Anfangsjahren meiner Digitalfotografie gelernt, mit solch einem minimalistischen Equipment gute Ergebnisse zu erzielen.
Aber hab auch schnell gemerkt – so ein billiges Festbrennweitenobjektiv, wie das Nikon 50mm f/1.8, das auch heute noch für knapp unter 100€ den Besitzer gebraucht wechselt, ist einem günstigen Standardzoom überlegen, wenn es um Abbildungsqualität, Bokeh und Schärfe geht. Damals war ein gutes Standardzoom – wie das Nikon AF-S DX Nikkor 17-55mm f/2.8 – für mich finanziell in einer Dimension, die ich nicht bereit war zu investieren. Wozu auch, es gibt ja jede Menge günstigere Objektive. Die günstigeren Optionen waren fast immer Festbrennweiten. Lange Zeit verwendete ich auch ein Tokina 100mm f/2.8 für Portraitshootings sowohl an der APSC-Kamera als auch an meiner ersten Vollformat-DSLR – einer Nikon D700. Damit wurde alles noch mal etwas teurer. Vor allem das Standardzoom für Vollformat, das Nikon AF-S 24-70mm f/2.8 war lange selbst gebraucht nur im vierstelligen Eurobereich zu bekommen. Nicht zu viel, aber für mich nicht in einem Bereich, den ich bereit war auszugeben.
Mit Vollformat bessere Fotos?
Der Sprung von APS-C auf Vollformat war einer, den ich nie bereut habe. Vollformat bedeutet größerer Sensor, größere Kamera, größere Objektive und häufig dadurch auch mehr Sensorfläche, auf die das Licht treffen kann. Das hilft vor allem dann, wenn es dunkel wird. Hier war ganz schnell klar, teurere Kamera macht hier tatsächlich die besseren Bilder.
Teurere Kamera heißt auch teurere Objektive. Und ich konnte beim Wechsel aufs Vollformat nur meine Festbrennweiten weiter verwenden. Die Zooms, ich hatte neben dem 17-70mm auch ein 12-14 von Tokina, musste ich verkaufen. Wie viele Fotografen war ich auch auf der Suche nach einem kompaktem und leichten Zoom für Reisen – ich habs bis heute nicht so richtig gefunden. Ich hab jedenfalls ziemlich viel ausprobiert und in meinem Artikel „10 Standardzooms für unter 300€“ beschrieben.
Also habe ich mit der Zeit ein Set an Standard-Festbrennweiten aufgebaut, mit dem ich fast alles fotografiert habe: 35mm, 50mm, 85mm. Dazu immer mal wieder verschiedenste Objektive zum Ausprobieren, aber wenn’s drauf ankam, kam immer die heilige Dreifaltigkeit der Festbrennweiten zum Einsatz. Siehe auch mein Artikel „Hochzeitsfotografie mit Festbrennweiten“.
Die Ergebnisse waren stets wirklich gut, die Objektive sind auch wirklich klasse. Aber auf Veranstaltungen oder auch bei Fotoshootings musste ich doch öfter Objektive wechseln, als ich dachte. Irgendwann hat es mir gereicht und ich habe für eine Hochzeit ein gebrauchtes Nikon AF-D 35mm-70mm f/2.8 gekauft. Das ist ein klassisches Schiebezoom aus den Neunzigern, das nicht den schnellsten Autofokus hat aber ansonsten auch an einer modernen DSLR gute Ergebnisse liefert. Am Ende habe ich es doch verkauft, weil es mir gefühlt ein paar Wochen zu lange ungenutzt im Schrank lag – ich hab ja bekanntlich meine Festbrennweiten.
Auch bei denen kann man ja mehr Geld ausgeben: Für die Portraitfotografie nutze ich seit über 2 Jahren auch ein Nikon 58mm f/1.4, und wenn es nicht so fiese Farbsäume im Gegenlicht hätte, würde ich sagen, dass Nikon das perfekte Portraitobjektiv konstruiert hätte.
Und ich habe 6 Jahre lang mit einer Nikon Df fotografiert. Ich finde, es ist eine der schönsten DSLRs, die je erschienen sind und hoffe, dass Nikon eine Vollformatversion der Zf c herausbringt. Ich würde sie kaufen. Aber an einer Df sehen große Zooms schon etwas komisch aus und die Kamera ist vom Design eher auf kleine Festbrennweiten ausgelegt. Und auch mein geliebtes 58mm ist an der Df irgendwie zu groß. Mit ihnen ist Balance und Bedienung gut, mit großen Zooms ist die Df viel zu kopflastig. Aber mit kleinen manuell fokussierenden Primes wie alten AI Nikkoren oder Voigtländer- oder Zeiss-Objektiven für Streetfotografie eine tolle Kamera. Ich fotografiere aber auch viele Events, da ging es insbesondere mit dem fürchterlichen Autofokus ging es nicht mehr. Weitere Infos in meinem separaten Artikel.
Nikon: Teure Kamera – bessere Bilder? Auf jeden Fall entspannteres Fotografieren.
Mit steigendem Einkommen, steigen Ansprüche, steigt auch das Investment ins Hobby – denn ich bin nach wie vor kein Vollzeit-Berufsfotograf. Ich bin Mitte 2021 auf eine Nikon D780 umgestiegen. Eine teure Kamera, die mich stark an die Nikon D700 erinnert. Ich bin auch bewusst beim F-Bajonett geblieben, auch weil ich meine Festbrennweiten und manuelle AI- und AI-s Objektive gern weiter nutzen möchte.
Ich weiß nicht, wie es bei anderen Marken ist, aber bei Nikon bekommt man in den teureren Kameras auch ein deutlich besseres Paket. D750 oder auch D850 sind absolut zuverlässige Arbeitstiere mit grandiosem Funktionsumfang. Die D780 bringt mit hochgeklapptem Spiegel die Funktionen der Z6 mit – was will man mehr. Dieses Gefühl in der Hand, hatten mir die Z6 und Z7 leider irgendwie nicht vermittelt.
Die Kamera ist deutlich größer als die Df und von der Balance auch mit größeren und schwereren Objektiven sehr harmonisch. Nachdem ich einige Events meist mit einem 35mm fotografiert hatte und ich gern auch etwas mehr Tele gehabt hätte – man kann einfach nicht immer noch 2 Schritte nach vorn machen – kam doch der Gedanke auf: Warum nicht doch mal ein 24-70 kaufen? Wenn so viele Profis eins haben, kann es nicht schlecht sein. Doch ist es wirklich so gut wie meine Festbrennweiten? Soll teures Equipment am Ende doch etwas ausmachen?
Bei der Kamera kann ich die Frage klar mit Ja beantworten. Das Foto macht der Sensor, der kann auch in einer günstigeren Kamera stecken. Aber das ganze Paket drum herum erleichtert einem Fotografen wirklich die Arbeit und man kann sich aufs Wesentliche konzentrieren – die Arbeit mit dem Model oder auf das Motiv.
2 Fotoshootings mit 58mm 1.4 und dem 24-70mm 2.8
Mit stärkerer Verbreitung von Nikons Z-System sinken die Preise auch für hochwertigere F-Bajonett Objektive. Viele Fotografen steigen um und mit etwas Glück lässt sich ein kaum gebrauchtes Profiobjektiv erstehen zu einem Preis, der noch vor Jahren undenkbar war. Die Nikon 24-70mm 2.8 sind in der Nicht-VR-Version inzwischen im Bereich zwischen 500€ und 700€ angekommen. Das war mir dann doch mal einen Versuch wert.
Um es kurz zu sagen: ich bin geläutert und so viele Profis können ja nicht daneben liegen. Ja es hat auch Schwächen, aber auf Veranstaltungen und für Fotoshootings liebe ich die hohe Flexibilität und die grandiose Schärfe. Wenn es auf mehr ankommt, wenn mir die Bildcharakteristik und auch das Bokeh wichtig ist, greife ich weiterhin gerne zum 58mm aber ansonsten nutze ich überwiegen das 24-70. Insbesondere in Kombination mit der D780 habe ich ein Paket, das absolut zuverlässig hochqualitative und scharfe Fotos liefert. Und darauf kommt es in solchen Situationen an. Ich kann mich darauf zu jederzeit verlassen und bin beim Bildausschnitt doch flexibler als mit meinen Festbrennweiten.
Um die Eingangsfrage weiter zu beantworten: Machen teurere Objektive bessere Fotos?
Das kann ich in meiner Erfahrung nicht immer mit Ja beantworten. So war das Zeiss Planar 50mm 1.4 zwar teuer und haptisch absolut unerreicht, die Bilder waren jedoch erst ab f/2.8 wirklich brauchbar. Dennoch ist das ein 600€ Objektiv – gebraucht.
Beim Nikon 58mm 1.4 ist das auch so eine Sache. Ich hab meins gebraucht für knapp 750€ gekauft, das finde ich für so ein außergewöhnliches Objektiv okay. Aber den Neupreis von fast 2000€, den Nikon aufruft, würde ich dafür nicht bezahlen – dafür ist der Unterschied bspw. zum Sigma 50mm 1.4 oder auch zum Nikon 50mm 1.4 nicht groß genug.
Und beim von mir so verhassten Standard-Zoom? Das Nikon 24-70mm f/2.8 war lange Zeit für mich unerreicht bzw. ich war zu sparsam um es mir zu leisten. Jetzt hab ich eins und möchte es nicht mehr missen. Die Bilder sind in 99% der Fälle scharf und kontrastreich – über den ganzen Brennweitenbereich. Ich kann es bei Offenblende bedenkenlos einsetzen und damit ist es ideal für Veranstaltungen, Hochzeiten usw. Allerdings ist es mit 1kg ein ganz schöner Brocken. Hier sind wir wieder bei den Festbrennweiten. Zumindest die 1.8er sind schön leicht und reisetauglich. Das 24-70mm f/2.8 würde ich niemals mit in einen Urlaub nehmen, dafür ist es mir einfach zu schwer und groß. Also in diesem Fall kann ich auch klar sagen: teureres Equipment macht den Unterschied!
Fazit: Wenn ich gute Fotos will, einfach mehr Kohle ausgeben?
Klares Nein! Fotografieren zu lernen, ist wie immer im Leben. Es braucht Übung, Zeit und Ausdauer. Man hat auch mal Rückschläge und in den meisten Fällen ist das Problem hinter der Kamera und nicht Kamera oder Objektiv. Moderne Kamerasysteme – die Spiegellosen noch viel mehr – bringen so viele Funktionen mit, dass selbst Profifotografen nicht alle Funktionen kennen oder nutzen.
Aber wenn man die nötige Erfahrung hat, unterstützen einen teure Ausrüstungsgegenstände, seien es Kameras oder Objektive in einer solchen Art und Weise, dass man dadurch am Ende doch bessere Fotos schießt. Vielleicht war dieser lange Weg auch einfach nötig, diese Erkenntnis nach so vielen Jahren zum richtigen Zeitpunkt.
Wer am Anfang seiner Fotografenkarriere steht oder tief ins Hobby eintauchen will, fängt am besten mit einfachem Equipment an. Je weniger Funktionen, desto weniger Optionen, desto mehr kann man lernen, was wie gut funktioniert.