Eine tolle Möglichkeit für kreative Fotos, die sich vom Einheitsbrei etwas abheben und Raum für Landschaften, Menschen und Kontext geben, ist die Panoramafotografie – Fotos, die breiter sind, als die üblichen klassischen rechteckigen Fotos im 2:3, 4:3 oder 1:1 Format. Ein ganz besonderes Bildformat ist hier das sog. XPAN-Format im Verhältnis 65:24, das seinen Ursprung in den von Hasselblad und Fujifilm entwickelten XPan-Kameras hat.

Als blutiger Fotografie-Anfänger hatte ich davon natürlich keine Ahnung. Mit der Zeit sah ich öfter solche Aufnahmen aber das erste mal hab ich erst 2014 in einer Folge DigitalRev TV geschnallt, was man damit kreatives anstellen kann. Kai Wong und Lok Cheung sind mit Panoramakameras durch die Straßen von Hong Kong gezogen. Seitdem schlummert dieses Fotoprojekt auf meiner geistigen To-Do-Liste.

Kurzer Exkurs zur Geschichte der XPan-Kameras
Die XPan-Kameras von Hasselblad und Fujifilm, die in den späten 1990er Jahren entwickelt wurden, bieten die Möglichkeit klassischen 35mm Film für Panoramafotografie zu nutzen. Dabei wird die gesamte Filmfläche genutzt, d.h. es wird nichts maskiert. Man kann sozusagen den 35mm Film als Mittelformat einsetzen. Die Kameras nehmen im Format 65 zu 24 auf. So entstehen Fotos mit einer faszinierenden Bildwirkung.

Das Thema ist inzwischen in der Foto- und Hipster-Szene etwas zu stark gehyped, so dass die Kameras und Objektive von Hasselblad und Fujifilm preislich durch die Decke gehen. Das ist für Fotografen, die sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen möchten, ziemlich schade. Aber Hasselblad-Kameras waren noch nie wirklich günstig.
So kann man das XPan Format mit anderen Kameras nutzen
Es gibt ein paar digitale Kamerasysteme, die das Bildformat nativ unterstützen. Allerdings hat keines dieser Kamerasysteme einen Bildsensor im Format 65:24 sondern es wird jeweils nur ein Teil genutzt. Der Vorteil ist dennoch, dass man im Sucher tatsächlich so wie bei den XPan Kameras im Zielformat die Bildkomposition machen kann. Das sind in erster Linie die Mittelformatkameras der GFX-Serie von Fujifilm, wie die GFX50R oder GFX100. Auch Hasselblad bietet das Format in seinen Mittelformatkameras an. Der Vorteil dieser Kamerasysteme ist, dass man durch die großen Bildsensoren Panoramaformate mit sehr großer Auflösung erhalten kann, die damit auch problemlos druckfähig sind. Preislich wird man hier nicht zu weit von den gebrauchten XPan-Kameras entfernt sein, es bleibt ein teures Vergnügen.
Ein Ausreißer ist die Sigma DP Quattro Kameras, die jeweils mit einem fest verbauten Objektiv und einem Foveon APS-C Sensor ausgestattet sind. Darüber könnte man einen eigenen Artikel schreiben. Die Foveon-Sensoren sind legendär was ihre Farbwiedergabe betrifft aber diese Kameras sind m.E. absolut nicht alltagstauglich. Wer sich entschleunigen möchte und was sehr spezielles sucht, kann sich das mal anschauen.
In anderem Format fotografieren und auf XPan Format zuschneiden
Die häufigste Anwendung dieses Formats ist der nachträgliche Zuschnitt eines Bildes auf das Format 65:24. Die Bildkomposition erfolgte häufig nicht für dieses Zielformat, so dass man in jedem Fall erhebliche Kompromisse – auch bei der Auflösung – machen muss. Aber zum Ausprobieren und feststellen, ob diese Bildwirkung zur eigenen Fotografie passt, reicht es. Und so mancher hat einige tausend Euro später dann doch eine Mittelformatkamera oder gleich das Original im Schrank stehen.

Ich nutze derzeit diese Methode und teste verschiedene Brennweiten dafür. Ich hab inzwischen einige Erfahrungen gemacht und möchte die gern teilen. Es gibt ein paar Dinge zu beachten:
Vorrausschauende Komposition:
Wenn man von vorn herein weiß, dass man später das deutlich breitere Bildformat nutzen wird, sollten wichtige Motive nicht im oberen oder unteren Bildausschnitt sein. Dieser wird definitiv beschnitten. Das kann bei Landschaftsaufnahmen schon mal dazu führen, dass der Horizont nicht mehr sichtbar ist. Dennoch sollte dieser nicht genau in der Mitte sein, das wirkt leider sehr statisch. Die Hauptmotive können gern asymmetrisch komponiert werden, man sollte hier den Platz in der Breite gut nutzen.
Weitwinkelobjektive nutzen:
Besonders gut korrigierte oder in der Postproduktion gut korrigierbare Weitwinkelobjektive ermöglichen von vorn herein einen weiten Bildausschnitt zu verwenden. Korrigierbarkeit ist deshalb wichtig, weil durch den Beschnitt den Randbereichen, die häufig durch Vignettierung abgedunkelt und oft auch noch verzerrt sind, mehr Aufmerksamkeit zugutekommt. Ich nutze bspw. an meiner Nikon D780 dafür gern eine 24mm Festbrennweite, die ist einfach zu korrigieren und abgeblendet auch an den Rändern scharf.
Höchstmögliche Auflösung nutzen:
Durch den Beschnitt fällt sehr viel Bildinformation weg. Man sollte die höchstmögliche Auflösung nutzen, um noch eine ausreichend hohe Bildqualität zu erzielen. Das ist bspw. bei Aufnahmen in meinem Lieblingssujet „Street Photography“ nicht ganz so kritisch wie bei qualitativ hochwertigen Landschaftsaufnahmen. Ich empfehle für diese Art Fotografie grundsätzlich das RAW Format zu nutzen.
Für unbewegte Motive kann Stitching sinnvoll sein:
Man kann auch mehrere Fotos zu einem Panorama kombinieren. Smartphone-Apps bieten das häufig an, aber auch digitale Kamerasysteme unterstützen diese Möglichkeit. Man sollte hierbei auf geeignete Stative oder Slider zurückgreifen. Damit erzielt man Bilder mit hoher Detailauflösung. Allerdings eignet sich diese Technik nicht für bewegte Motive und die Komposition fällt deutlich schwerer.
Einfach mal ausprobieren. Ein paar Inspirationen der Street-Fotografie im XPan Format:
Ich empfehle das grundsätzlich mal auszuprobieren. Man braucht vielleicht am Anfang etwas Übung. Es kann aber auch sinnvoll sein, mal das eigene Fotoarchiv nach Aufnahmen zu durchforsten, die sonst vielleicht untergegangen sind. Ich fotografiere am liebsten draußen auf der Straße. Hier sind einige Bilder, die für die Verwendung dieses Formats als Inspiration dienen können.